Die EU sucht wieder einmal nach einem Weg, die Online-Verschlüsselung zu untergraben. Gerechtfertigt wird dies mit dem Argument, man wolle die Strafverfolgungsbehörden stärken. Diesmal soll die neue Strategie ProtectEU die Massenüberwachung ermöglichen.
Diese Strategie für die innere Sicherheit wurde diese Woche von der EU-Kommission angekündigt und wird als «Vision und Arbeitsplan» vorgestellt, der sich über mehrere Jahre erstrecken soll, aber laut Reclaim The Net keine konkreten politischen Vorschläge enthält.
In einer Pressemitteilung werde behauptet, dass das derzeitige geopolitische Umfeld von einer «wachsenden» Bedrohung durch feindliche Staaten geprägt sei, und es werden «mächtige kriminelle Gruppen und Terroristen erwähnt, die zunehmend online operieren», sowie «eine zunehmende Cyberkriminalität und Angriffe auf unsere kritische Infrastruktur».
Mit den so definierten Bedrohungszenarien konzentriert sich die neue EU-Strategie auf sechs Bereiche, darunter «wirksamere Instrumente für die Strafverfolgung». Genau an diesem Punkt werde die Online-Verschlüsselung angegriffen, so Reclaim The Net.
Bei der Beschreibung, wie die Grundlagen für die Einführung von Verschlüsselungs-Hintertüren geschaffen werden könnten, verwende die EU Euphemismen wie die Erstellung von Fahrplänen für einen «rechtmäßigen und wirksamen Datenzugang für Strafverfolgungsbehörden» und die Suche nach «technologischen Lösungen für den Zugriff auf verschlüsselte Daten».
Eine Technologie-Roadmap für Verschlüsselung würde es ermöglichen, diese «Lösungen» zu finden. Die EU sei nicht die einzige Institution, die nach Mechanismen suche, um letztendlich Gesetze gegen die Verschlüsselung zu erlassen, so Reclaim The Net. Doch sowohl Technologieunternehmen als auch Verfechter von Bürgerrechten und Datenschutz würden eindringlich vor diesen Initiativen warnen.
Das Hauptproblem sei, dass die Verschlüsselung sowohl die private Kommunikation, auf die die Strafverfolgungsbehörden Zugriff haben wollen, als auch die technische Sicherheit dieser Kommunikation wie bei Finanztransaktionen usw. gewährleiste.
Die neue EU-Strategie verspreche, dass die Cybersicherheit und die Grundrechte geschützt werden, wenn eine künftige Verschlüsselungs-Hintertür eingeführt wird, aber dieses Versprechen könne niemand geben, betont Reclaim The Net. Man müsse nur bedenken, dass eine Hintertür, wenn sie erst einmal vorhanden sei, effektiv allen Akteuren zur Verfügung stehe, auch den feindlichen Staaten und nichtstaatlichen Akteuren, vor denen die EU mit ihrer Strategie angeblich schützen wolle,
Weitere wichtige Punkte in ProtectEU sind der verstärkte Austausch von Geheimdienstinformationen zwischen den Mitgliedsländern und die Single Intelligence Analysis Capacity (SIAC) des Blocks. Damit will die EU eine Möglichkeit schaffen, Sicherheitsbedrohungen zu «antizipieren».
Eine weitere Zentralisierungsbemühung ist die Idee, der EU-Strafverfolgungsbehörde EUROPOL mehr Befugnisse zu geben, auch im Hinblick auf grenzüberschreitende und groß angelegte Ermittlungen, wodurch sie zu einer «wirklich operativen Polizeibehörde» werden soll. Im Anschluss daran wird den Mitgliedsländern versichert, dass der Zweck darin bestehe, sie «stärker zu unterstützen».
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